Im Porträt: Authenteq Gründer Kari Thor Runarsson
Sicherlich haben Sie schon einmal eine Ferienwohnung über Airbnb gebucht, ein Sammlerstück auf eBay ersteigert oder einen handgemachten Deko-Artikel im Onlineshop eines kleinen Händlers gekauft. Konnten Sie da wirklich immer sicher sein, dass hinter dem Anbieter jene Person verbirgt, die er vorgibt zu sein? Genau diese Sicherheit bietet das deutsch-isländische Start-up Authenteq! Mit ihrer KI-basierten Online-Authentifizierung bietet Authenteq nicht nur mehr Sicherheit im Netz, sondern ermöglicht Unternehmen auch vollautomatisierte Know Your Customer-Prozesse. Wie das funktioniert, lesen Sie in unserem Porträt über den Gründer von Authenteq, Kari Thor Runarsson.
Visionärer Kopf aus Island
Island ist bekannt für seine atemberaubende Natur und Vulkane, die den internationalen Flugverkehr lahmlegen. Doch das ist nicht alles, was die Nordeuropäer zu bieten haben. Denn für die gut 364.000 Einwohner verfügt die Insel über eine vergleichsweise große Tech-Szene. Immer mehr Investoren zeigen Interesse an isländischen Start-ups. Attraktiv ist für sie insbesondere die Nähe zu Europa als auch den USA.
Einer der visionären Köpfe aus Island ist Kari Thor Runarsson. Er sammelte über 15 Jahre Erfahrung in Sales und Marketing bei großen Firmen wie Microsoft. Vor allem aber gründete er schon zwei Tech-Start-ups und hat erfolgreiche Exits hinter sich. Eines seiner jüngsten Projekte ist das Start-up Authenteq, das er 2014 zusammen mit dem Australier Adam Martin gründete. Mittlerweile hat Authenteq nicht mehr nur Büros in Reykjavik, sondern den Hauptsitz nach Berlin verlegt. Ein Glücksfall, wie Runarsson sagt:
Wir haben das Glück, unsere Büros in zwei der derzeit coolsten Städten Europas zu haben!
Verification as a Service — dank KI voll automatisiert
Mit Authenteq bietet Runarsson eine digitale Identitätsprüfung für Online-Dienste an. Eine Dienstleistung, die immer wichtig wird. Denn ein immer größerer Teil unseres Lebens läuft im Internet ab. Doch wer uns tatsächlich digital gegenübersitzt, das wissen wir oft nicht.
Mit neuen Technologien ist es extrem einfach, neue Identitäten zu erstellen und sich so hinter gefälschten Profilen zu verstecken. Und die Polizei weiß nicht, wie sie damit umgehen soll.
Sich auch digital ausweisen zu können, wird daher immer wichtiger. Es gibt bereits viele Lösungen am Markt, wie man sich auf die eine oder andere Art digital identifizieren kann. Wir alle kennen wohl die Video-Ident-Verfahren, die man durchlaufen muss, um ein neues Bankkonto zu eröffnen. Wir halten unseren Personalausweis in die Kamera, ein menschlicher Mitarbeiter prüft unsere Identität.
Runarsson hat mit Authenteq nun aber einen Verifikationsprozess entwickelt, der dank künstlicher Intelligenz komplett automatisiert abläuft. Der User lädt eine App herunter und macht damit ein Foto von sich selbst, also ein Selfie. Das System verfügt über eine Liveness-Erkennung, merkt also, ob das Selfie tatsächlich in Echtzeit gemacht wird. In einem zweiten Schritt fotografiert der Nutzer ein offizielles Dokument, beispielsweise seinen Personalausweis, Reisepass oder Führerschein. Authenteq erkennt rund 3.500 verschiedene Dokumente aus über 190 Länder. Über 50 Security Checks überprüfen zudem, ob das Dokument tatsächlich echt ist.
Die Software vergleicht das Selfie mit dem Foto auf dem offiziellen Dokument und prüft, ob man tatsächlich die Person ist, die man vorgibt zu sein. Bei erfolgreicher Prüfung bekommt der Nutzer eine eID, also eine elektronische Identität.
Hinter der einfachen Fassade steckt eine hochentwickelte Software — gepaart mit etwas schwarzer Magie.
Von „Know your Customer”-Prozessen bis zu Anti-Trolling-Maßnahmen
Der gesamte Verifikationsprozess dauert maximal 60 Sekunden. Hat man einmal eine eID bei Authenteq eingerichtet, kann man sich bei teilnehmenden Unternehmen innerhalb von drei Sekunden authentifizieren. Die Unternehmen zahlen für jede Verifikation eine kleine Gebühr an Authenteq, für den Nutzer ist sie kostenlos.
Immer mehr Unternehmen werden in Zukunft auf eine Online-Verifizierung setzen. Bereits heute sind Finanzdienstleister bei vielen ihrer Produkte gesetzlich dazu verpflichtet, die Identität ihrer Kunden zu prüfen, beispielsweise aufgrund von Anti-Geldwäsche-Maßnahmen. Mit Authenteq können diese Know Your Customer-Prozesse deutlich schneller und effizienter werden.
Eine digitale Identifizierung wird auch für die immer größere Sharing-Economy wichtig. Anbieter von E-Scooter-Verleihen oder Carsharing können so wissen, an wen sie ihre teilweise doch sehr teuren Geräte tatsächlich vermieten. Zudem können sie prüfen, ob der Kunde überhaupt über eine erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. Und der Vermieter einer Airbnb-Wohnung weiß vorneweg genau, an wen er seine Wohnung vermietet und reduziert so sein Risiko.
In wenigen Jahren werden wir auf die Art und Weise, wie wir heute auf Marktplätzen Geschäfte machen, zurückblicken und es damit vergleichen, einen Fremden in einer dunklen Gasse zu treffen. Du gibst ihm dein hart verdientes Geld und er dir ein unbeschriftetes Paket. Und schon verschwindet er wieder in die Dunkelheit des Cyberspaces.
Selbst die Diskussionskultur in sozialen Netzwerken kann durch digitale Authentifizierungsprozesse verbessert werden. Heute gibt es viele sogenannte Trolls, die illegale Inhalte und Fake News über zahlreiche Accounts verbreiten. Oft steckt nicht einmal eine richtige Person dahinter. Durch eine schnelle und unkomplizierte Authentifizierung kann nur noch eine reale Person ein Profil erstellen. Wurde sie einmal gesperrt, kann sie nicht einfach so ohne Weiteres ein neues Profil anlegen.
Datenschutz wird immer wichtiger
Von der von Runarsson und seinem Team entwickelten Technologie profitieren aber nicht nur die Unternehmen. Auch die Privatsphäre der Konsumenten wird besser geschützt. Verfügt man über eine eID, muss man nämlich nicht immer wieder aufs Neue seine persönlichen Daten an Unternehmen übermitteln. Das Vorzeigen der verifizierten eID von Authenteq reicht, die Daten bleiben sicher.
Die Unternehmensberatung McKinsey geht davon aus, dass sich das Marktvolumen im Bereich der digitalen Identifikation in den nächsten fünf Jahren verdoppeln wird. Unter anderem deshalb glauben auch die Investoren an Authenteq: Im Sommer 2019 konnten sie eine zweite Finanzierungsrunde über 4,4 Millionen Euro abschließen. Zu den Investoren gehört unter anderem Tim Draper, der schon in Skype, Tesla, SpaceX, Baidu oder Twitch investiert hat.
Im vergangenen Jahr hat Kari Thor Runarsson seinen CEO-Posten abgegeben, ist aber weiterhin Vorstandsmitglied von Authenteq. Er konzentriert sich nun auf die Förderung anderer nordischen Gründer und hat dafür Nordician Ventures gegründet. Dass Authenteq auch ohne ihn als CEO weiterhin auf Erfolgskurs sein wird, davon ist Runarsson überzeugt:
Wir sind alle Experten, alle über 30 Jahre alt, mit jahrzehntelanger Erfahrung und wir haben die grauen Haare, um es zu beweisen.
Originally published at https://blog.fintechcube.com on January 29, 2021.